Montag, 13. Dezember 2010

decisions and changes

Kennt ihr das, wenn ihr euch entscheiden müsst und auch wollt und diese Entscheidung euer Leben erstmal auf lange Sicht beeinflussen wird? Dass ihr aus diesem Grund Angst vor der Entscheidung habt, denn jede Option könnte sich als falsch herausstellen und ihr könntet sie später bereuen? So geht's mir im Moment.

Fangen wir in der 5. Klasse an. Ich kam aufs Musikgymnasium und erhielt klassische Gitarrenstunden. Etüden, Caprisen, Rondi, Tonleitern, Duette. Alles. Eine wirklich gute, klassische, fundierte Ausbildung. Ich war gut. Ich war zeitweilig sogar sehr gut.

Ich habe es gehasst.

Ich wollte es nicht, musste es aber machen.
Nach der 10. Klasse hätte ich es abbrechen können, dachte mir aber: "Jetzt hast du das schon so lang gemacht und so viel erreicht, das willst du nicht einfach so sein lassen...jetzt machst du das auch noch in der Oberstufe weiter und dein praktisches Abitur damit."

Ich habe es noch mehr gehasst. Am Ende war ich wirklich sehr gut. Ich habe meine Gitarrenprüfung mit 13 Punkten [was einer 1- entspricht] abgeschlossen.

Seit dem Abi vor anderthalb Jahren habe ich die Gitarre zweimal angerührt: Einmal, um sie unter das Bett zu legen und ein zweites Mal, um sie in die Ecke zu stellen, als unter dem Bett kein Platz mehr war.

Im Moment habe ich Angst, mich wieder in der gleichen Situation zu befinden. Gegenwärtig studiere ich im 3. Semester Translation [Übersetzungswissenschaften] für Englisch und Russisch, da ich eigentlich mal Dolmetscherin werden will/wollte.
Es ist frustrierend. Wir dolmetschen kaum, sondern übersetzen fast nur. Klar, das ist der Bachelor, das sind die Grundlagen. In Englisch hat mir das Dolmetschen auch im letzten Semester echt viel Spaß gemacht. Es war eine angenehme Herausforderung.
Russisch hingegen...es ist mein absolutes Sorgenkind. Ich mag die Sprache, aber ich komme einfach nicht voran. Ich bin lange nicht auf dem Leistungsniveau, auf dem ich sein sollte. Ich verstehe die Texte, die wir übersetzen sollen, kaum und liefere entsprechend schlechte Leistungen. Ich sehe es jetzt schon kommen, dass ich die Übersetzungsklausur im Januar nicht schaffen werde. Es ist unmöglich, sich binnen 6 Wochen derartig zu verbessern.
Und irgendwann will man einfach nicht mehr weiterkämpfen. Es ist jetzt die gleiche Situation wie bei Gitarre und dieses Mal mache ich nicht aus Prinzip weiter, wenn es mich nur unglücklich macht.
Der ursprüngliche Plan besagte: Im 5. Semester nach Russland, den Bachelor für beide Sprachen machen, Dolmetscherin für beide Sprachen machen, freiberuflich tätig sein.

Der Plan jetzt besagt: Auf das Auslandssemester verzichten [die Entscheidung dafür oder dagegen muss diese Woche gefällt werden; ich habe heute meinem Verantwortlichen gesagt, dass ich NICHT fahren werde], Russisch nach dem 3. Semester an den Nagel hängen, mich um einen Ausbildungsplatz bewerben, Englisch noch im 4. Semester weitermachen und dann entscheiden, ob ich tatsächlich die Ausbildung beginne oder doch den Bachelor abschließe und dann eben nur Dolmetscherin für Englisch werde.

Nur? Ja. Machen wir uns nichts vor: Jeder spricht Englisch. Das ist inzwischen im Berufsleben keine bewunderswerte Zusatzqualifikation mehr, sondern Standard und simpel eine Voraussetzung. Mit Russisch wären meine Jobchancen also an sich sicherlich besser, aber ich hab wirklich lange und eingehend drüber nachgedacht:

Das war mein Traum. Aber es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass mich die Erfüllung dieses Traumes nicht glücklich machen wird.
Man muss nervlich belastbar sein, man hängt immer etwas in der Luft, weil man nciht weiß, ob man Aufträge bekommt und somit im nächsten Monat seine Miete bezahlen kann, man hat viel und auch sehr harte Konkurrenz - es ist kein Hochmut, wenn ich sage, dass fundiert ausgebildete Dolmetscher durchaus zur Elite im Bereich der sprachrelevanten Berufe gehören.

Ich bin mir darüber klar geworden, dass ich das nicht kann. Dass ich Routine brauche. Keine stoische 8-Stunden-im-Büro-Routine, aber doch einen geregelten Tagesablauf. Dass ich am Ende sehen will, was ich gemacht und geleistet habe. Dass ich nicht unbedingt Karriere machen und reich sein will, sondern dass es mir reicht, wenn ich ein gutes, mittelständisches Leben habe [so wie jetzt] und glücklich bin.
Dass ich wirklich etwas schaffen will.

Ein weiterer Aspekt, warum ich auf das Auslandssemester verzichte, ist folgender: Ich rechne mehr oder minder damit, Therapie zu erhalten. Lass die Vorgespräche bis Februar dauern, die Bewilligung der Therapie Ende März/April erfolgen und dann wären es bis zum Aufbruch nach Russland Ende August 4, vielleicht 5 Monate gewesen. Das wäre zu wenig. Also lasse ich das lieber.

Ich will glücklich sein.

Klar tut es ein Stück weit weh, zumindest einen Teil eines seit vielen Jahren gehegten Traumes aufzugeben, aber besser jetzt als noch später. Nach weiteren Enttäuschungen.
Andererseits habe ich auch wirklich Angst davor, mich später mal immens dafür in den Hintern zu beißen, dass ich das Studium abgebrochen habe [wenn ich mich tatsächlich komplett dazu entschließe]. Schwer. Wirklich schwer.

Ich hoffe, dass ich morgen zufrieden aufwache. ^_^

Und falls ihr euch jetzt fragt, welche Ausbildung ich mir ins Auge gefasst habe: Ratet mal. Es hat rein gar nichts mit Sprachen zu tun und gehört zu den ältesten Handwerken der Welt.

@blaue_aster: Danke dafür :) Stimmt, an den Muskelaufbau hab ich noch gar nicht gedacht. Manchmal verliert man eben das doch recht Offensichtliche aus den Augen. Lass uns die Woche mal zusammen in die Cafeteria gehen, ja?

@Candy: Sahne? Aber nur die Light-Sprühsahne xD ich hab dir auf deinem Blog schon geantwortet wegen Weihnachtsmarkt...ich bin am 20. in Dresden. Hast du ICQ? Da könnten wir das schneller mal ausmachen :)
*reknutsch*

@meli: Dankeschön *_* Ich verdamme wirklich manchmal meinen schwachen Willen. Und ironischerweise ist es wirklich so, dass das Essen [auch das geregelte] umso besser läuft, je weniger ich daran danke. Im Moment klappt's ziemlich gut, trotz Plätzchen backen und leckeren Wochenendhinterlassenschaften von Mama.
Ich bin 1,58m groß - da fällt wirklich jedes Kilo mehr ziemlich auf.

@Weltenbummlerin: Ich würd gerne alles schaffen...aber ich geb mich mittlerweile auch mit einem Teil zufrieden. Kleine Brötchen backen eben :) Ich hab deinen neuen Blog auch schon wieder mit auf meine Verfolgeliste gesetzt. :)

@Jolina: Danke. Es ist echt so...positiver Zuspruch von Gleichgesinnten bzw. Leidengenossen kann so verdammt motivierend sein, da sie einen einfach verstehen.

@Chris: Oh, verdammt, ich wollte dich nicht traumatisieren :D Ich hoffe es auch. Gut Ding will eben einfach Weile haben und gibt sich nicht einfach ohne Mühen her.

@Apple: Das gibt wirklich Mut. Im Moment beweg ich mich auch wieder vorwärts und nicht zurück.

Sorry für den langen Post.
Schlaft gut, ihr alle *drück*

4 Kommentare:

  1. Hey du :)

    1000dank für deine lieben Worte!!

    Das sind ja wirklich schwerwiegende Entscheidungen vor denen du da stehst!!!
    Aber ich kenne das, ich hab auch erstmal 2 Jahre gebraucht bis ich mich entschieden hab soziale Arbeit zu studieren. Eigentlich wollte ich was mit Film machen aber das ist so hammer schwer da fuß zu fassen und man braucht echt selbstbewusstsein.
    Es ist fast so ein bisschen wie mit deinem Dolmetscherjob....

    Aber du musst entscheiden was du willst und was gut für dich ist...egal welche Entscheidung du triffst, denk dran es gibt keine "falsche" oder "richtige" Entscheidung, denn aus allen Entscheidungen kann man etwas lernen :)

    ganz liebe Grüße

    Apple

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  2. es tut mir leid liebste, dass ich mich bei dir nicht gemeldet hab die tage. aber ich konnte wirklich keinen klaren gedanken fassen. dein post schreit einfach mal das aus, was in mir auch schon länger durch n kopf geht. ich weiß bei dir ist es eine spur anders. aber die entscheidung letztendlich die schule abzubrechen ist ja auch eine für die zukunft. ich war so fertig mit den nerven, den gedanken wollte ich einfach nicht mehr haben da wieder hin zumüssen. nicht weil ich das lernen hasse oder soetwas, absolut nicht. aber einfach weil ich mal anfangen zu leben will. ja wirklich, ich habe noch nicht gelebt. ich bin gerade kaputt und ranzig aus meinem ei geschlüpft. wie sagt man so schön, besser spät als nie?
    ich weiß es ist schwer und es sind diese kleinen UNWICHTIGEN dinge die einen fertig machen aber mach was du möchtest. wo dein herz dein, herz höher schlägt. wenn du nach russland willst, dann machs dir möglich. wenn es nicht morgen sein kann, dann eben ein wenig später. aber halt dran fest. es soll jetzt nicht wie die erleuchtung klingen oder so aber ich hab das gemacht was alle wollten, was "angeblich" richtig war. bin nicht ausm rahmen gefallen, hab mich IMMER angepasst. und nun siehst du ja was aus mir geworden ist. ein mensch der nochnichtmal des normalen lebens fähig ist. erbärmlich. ich weiß zwar nicht wie ich wär hätt ich vieles riskiert und einfach mein kopf durchgesetzt, aber bestimmt nicht so am ende wie jetzt. vielleicht weiß man auch nicht was man will zurzeit, aber irgendwann wirst du es wissen. und so ein kleines bisschen weißt du es immer. WAS bringt es dir nur zu träumen? beantworte mir die frage und ich lasse dich in ruhe. ich weiß ich sollte keine lebenstips geben, denn ich bin die schlechte darin, im leben. doch ich glaube nichts erfüllt einen mehr als dass zu tun was man möchte und was man liebt. unglücklicher als schon so kannst du nicht mehr werden. tatsache. du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dir das glück der welt wünsche. ich wünschte die menschen könnten einsehen, dass das leben keine pflicht und qual ist. aber da ich mich immer so angepasst hab, weiß ich nicht mehr was richtig ist. nur denk ich mir schlimmer kannst nicht kommen. vor was hat man dann angst? zu scheitern? das gefühl wäre für mich der himmel auf erden im gegesatz zu diesem dauerzustand von nichts. denn da würde ich jedenfalls wissen, ich habs versucht. alles braucht zeit, aber auch taten. ich hab soviel zuneigung für dich..du wirst glücklich, ich weiß es.

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  3. Ach, gern' geschehen Liebes!
    Wir stecken in der gleichen Situation.
    Ich mein, werden wir mal erlöst?
    Zum Positiven?
    Einfach der Traum erfüllt?
    Einfach ist es nicht, werden wir aber kämpfen, kommen wir bestimmt zum Ziel. Hm?
    DU schaffst das! ♥

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  4. Ich finde deinen jetzigen Plan gut.
    Ich habe Russisch nach dem 2.Semester abgelegt, weil ich nicht mehr mitgekommen bin. Ich war kurz davor, alles zu schmeißen. Das ging schon im ersten Semester los, da bin ich teilweise einfach nicht mehr in die Uni. War ein ganz schöner Kraftakt, es vor meiner Mitbewohnerin zu verstecken. Ich konnte und wollte nicht mehr. Ich wollte zurück nach Hause, irgendwas arbeiten, irgendwas anderes machen. Den ganzen Traum, Übersetzerin zu werden, vielleicht sogar Dolmetscherin, einfach hinwerfen. Ich habe es nicht getan. Ich habe mich für den offenen Wahlbereich entschieden und habe jetzt Katalanisch. Und hey - das macht echt Spaß. Gut, ich gehe auch "nur" mit Englisch als richtigem durchgängigem Studium raus, aber was soll's? Das hält mich nicht davon ab, eventuell noch in Französisch oder Russisch nachträglich Sprachkurse zu machen und mir danach die Sprachfähigkeit zertifizieren zu lassen.
    Ich will dir nichts einreden, das ist allein deine Entscheidung, aber ich würde mir an deiner Stelle wirklich Zeit lassen. Und auch abwarten, welche Erfolge deine Therapie bringt. Ich denke, du würdest dich über nichts so sehr ärgern, wie wenn du das Studium wegen einer eventuellen depressiven Krise hinwirfst.
    Du wirst dich schon richtig entscheiden :)
    *drück*

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